Hilfsgüter für Dörfer an der Front

Jedes Mal, wenn wir tief in den Osten der Ukraine nach Awdeewka fahren, gleicht die Reise einem Lotteriespiel: Man weiß nie, ob es ruhig bleibt oder Kämpfe stattfinden werden. Und wenn geschossen wird, weiß man nie, wo die Projektile einschlagen.
Wir werden manchmal gefragt:

„Warum fahrt ihr immer noch dorthin, das ist doch gefährlich?“

Die Gründe dafür sind verschieden: Awdeewka ist unsere Heimatstadt und somit tief in unserem Herzen verankert. Es gibt immer noch um die 2000 Menschen, die in der Stadt wohnen, inklusive Kinder. Diese sind komplett von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten und haben außerdem große Schwierigkeiten an Lebensmittel und Medikamente zu kommen. Deshalb versuchen wir ihnen durch unsere Fahrten so viele Hilfsgüter wie möglich zu bringen.
Außerdem bieten wir besonders Familien mit Kindern an, sie aus der Stadt zu evakuieren und an einen sicheren Ort zu bringen.

Die Fahrt in eine Geisterstadt
Bei unserer jüngsten Reise im September hatten wir 180 Pakete mit Lebensmitteln, Medikamenten und Hygieneartikeln im Gepäck, die wir an die übriggebliebene Bevölkerung verteilen konnten. Da sich die Menschen aus Angst vor Angriffen praktisch den ganzen Tag in ihren Kellern aufhalten, gleicht Awdeewka mit seinen leergefegten Straßen einer Geisterstadt.
Doch wenn man an einzelne Häuser heranfährt, kommen die Menschen aus ihren Verstecken heraus. In ihren Augen sehen wir Angst, aber gleichzeitig auch Freude darüber, dass wir sie nicht vergessen. Wir übergeben ihnen die Hilfe und nehmen uns kurz Zeit für sie.

Die meisten sind unter diesen Umständen sehr offen für
Gespräche, Umarmungen und Gebete, die wir immer gerne
anbieten.

Eine Stadt unter ständigem Beschuss
Leider bleibt uns dafür nur wenig Zeit, da es zu gefährlich wäre, sich zu lange im Freien aufzuhalten.
Als wir bei unserer Ankunft in die Stadt hineinfuhren, waren beispielsweise einige nahe Detonationen zu hören. Später stellte sich heraus, dass dies Raketeneinschläge in der Nähe eines großen Wohnblocks waren, den wir im Laufe der Reise besuchten. In den 60 Wohnungen leben insgesamt nur noch zwei Menschen, die sehr dankbar für unsere Hilfe waren – alle anderen haben die Stadt bereits verlassen.
Viele Häuser sind durch den Beschuss zerstört worden, was auch bei den Gebäuden nahe unseres Gemeindehauses der Fall ist.
Nur die Gemeinde steht noch und ist bis auf ein paar zerbrochene Fenster und der Garage intakt. Momentan kommen jeden Sonntag noch etwa 12-20 Menschen, wo sie neben einem ermutigenden Wort auch Lebensmittel und Wasser bekommen. Außerdem können sie an unserem Generator ihre Handys oder Taschenlampen aufladen.

Gottes Bewahrung in der Gefahr
Bei der Rückfahrt konnten wir Gottes Gnade live erleben. Nachdem wir die Stadt unter Beschuss verlassen mussten, platzte uns einige Kilometer später ein Reifen. Wäre das in Awdeewka passiert, wäre es sehr gefährlich geworden.

Es lohnt sich immer
Ein paar Tage später telefonierte ich mit Vitalik – einem Mann, der nach wie vor in der Stadt lebt. Unter Tränen erzählte er mir: „Ich war krank und mir ging es gar nicht gut. Als ich etwas Kraft hatte, stand ich auf, um mir einen Kaffee zu machen. Dabei ging ich kurz ins Treppenhaus, wo ich eine Tüte fand. Ich fragte mich, wem sie gehört, doch außer mir war niemand da. Also warf ich einen Blick hinein und fand Medikamente und warme Socken darin – genau das, was ich in diesem Moment brauchte. Dann sah ich zu meiner Überraschung, dass mein Name auf der Tüte stand, was mich mit großer Freude erfüllte.“
Da wir bei der Reise keine Zeit mehr hatten, ihn persönlich zu besuchen, hatten wir die Tüte einem anderen Mann mitgegeben. Dieser hatte die Tüte vor Vitaliks Tür gestellt. Inzwischen geht es Vitalik viel besser und er ist unglaublich dankbar.

Solange uns Gott die Möglichkeit gibt,
nach Awdeewka zu fahren, werden wir diese nutzen.
Denn jede Fahrt könnte das Leben eines Menschen retten.

Natürlich überkommt uns auch manchmal die Angst, wenn wir uns auf diese gefährliche Reisen begeben. Zumal wir nicht nur nach Awdeewka fahren, sondern auch in andere Städte und Dörfer, die unter Beschuss liegen. Doch wir wissen, dass viele Menschen auf der ganzen Welt für uns beten.
Das gibt uns Mut und wir erleben immer wieder, dass Gott diese Gebete erhört und die Reisen segnet.
Daher möchten wir uns ganz herzlich für alle eure Gebete und jede Hilfe bedanken!

Roman Piwoschenko

Es gibt auch noch andere Mitarbeiter, wie z.B. Gena Archipov, Alexander Larchenko oder Grischa Riasni, die immer wieder unter gefährlichen Umständen in der Ostukraine unterwegs sind, um den Menschen zu helfen oder sie zu evakuieren. Bitte betet auch für sie!

Zeitschrift 2022 Nr.4

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